Friedensnobelpreis für Venezuelas Oppositionsführerin - Porträt von Alexander Pitz
Oslo/Caracas, 10.10.2025 (KAP/KNA) Das dürfte Venezuelas De-facto-Diktator Nicolas Maduro gar nicht schmecken: Seine ärgste Widersacherin, Oppositionsführerin und Demokratie-Verfechterin María Corina Machado bekommt den Friedensnobelpreis 2025. Das Nobelkomitee würdigte sie am Freitag als "eine Frau, die die Flamme der Demokratie inmitten wachsender Dunkelheit am Lodern hält". Das mache sie "zu einem der außergewöhnlichsten Beispiele für zivilen Mut in Lateinamerika".
Tatsächlich ist vieles im Leben der 58-Jährigen außergewöhnlich. Seit mehr als 20 Jahren setzt sie sich in ihrem autoritär-sozialistisch regierten Heimatland für freie und faire Wahlen ein. Erst unter Langzeitherrscher Hugo Chavez - und seit 2013 unter Maduro, der ebenfalls nicht von der Macht lassen will. Dabei trotzt Machado auf eindrucksvolle Weise der anhaltenden Repression und den ständigen Einschüchterungsversuchen durch die Regierung. Quasi täglich drohen ihr Festnahme und andere Schikanen. Doch anders als Millionen andere Dissidenten hat sie Venezuela nicht verlassen und führt beharrlich den demokratischen Widerstand an.
Erst vor einigen Tagen meldete sie sich in einem TV-Interview kämpferisch zu Wort. Mit entschlossener Miene versprach die um Untergrund lebende Politikerin: "Wir werden Venezuela gemeinsam vom Chaos zur Ordnung führen." US-Präsident Donald Trump sieht sie als wichtigen Verbündeten bei diesem Vorhaben.
Der hat Maduro und dessen Machtapparat jüngst zu einer kriminellen Organisation erklärt. Und Trump schließt nicht aus, neben militärischen Angriffen auf mutmaßliche Drogentransporte über das Meer auch Operationen auf dem Landweg vorzunehmen. Entsprechend ist die venezolanische Regierungsriege zuletzt in arge Bedrängnis geraten. Nach zahllosen Rückschlägen schöpfen Machado und ihre Anhänger neue Hoffnung auf einen Wechsel. Der Friedensnobelpreis dürfte ihr zusätzlich politischen Auftrieb verleihen, auch wenn Trump die Auszeichnung viel lieber selbst erhalten hätte.
Maria - der Name ist Programm
Doch wie wurde die Wirtschaftsingenieurin aus wohlhabendem Hause eigentlich zur furchtlosen Aktivistin und schließlich zur Hoffnungsträgerin einer ganzen Nation? Offensichtlich ist, dass der katholische Glaube eine zentrale Rolle in ihrem Werdegang spielt. Gerne trägt María - der Name ist Programm - bei öffentlichen Auftritten Rosenkränze in Venezuelas Nationalfarben um den Hals. Die Tochter einer reichen Unternehmer-Familie könnte als Absolventin einer renommierten Jesuiten-Hochschule in Caracas ein komfortables Leben im Ausland führen. Doch sie wählte einen anderen, weitaus beschwerlicheren Weg.
Der geschiedenen Mutter von drei Kindern flogen die Sympathien im machistisch geprägten Venezuela anfangs keineswegs zu. Lange war sie in der politischen Szene eine Außenseiterin, bis sie 2012 - nicht zuletzt aus Frust - kurzerhand ihre eigene Partei "Vente" gründete. Das Programm ist vor allem wirtschaftsliberal, setzt auf freien Willen und Eigenverantwortung - also das genaue Gegenteil von Verstaatlichung und sozialistischer Willkür, für die Maduro steht.
"Satanischer Pakt"
Der sieht in seiner Gegenspielerin nicht weniger als eine Vertreterin des Teufels. Machado habe einen "satanischen Pakt" mit Techmilliardär Elon Musk und einer satanischen Kirche in den USA geschlossen, behauptete er - einfach so - während einer Kundgebung.
Nicht minder fadenscheinig sind die Gründe, mit denen ihr die Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl 2024 verwehrt wurde. Die Opposition hatte Machado mit einer beeindruckend hohen Vorwahlbeteiligung zur gemeinsamen Kandidatin gekürt. Umfragen sagten ihr einen klaren Sieg voraus. Doch die regierungsnahe Justiz ließ sie nicht antreten.
An ihrer Stelle ging der Diplomat Edmundo Gonzalez Urrutia für das demokratische Lager ins Rennen - und gewann nach Auffassung internationaler Beobachter die Wahl im Juli 2024. Maduro ließ sich dennoch für eine weitere Amtszeit vereidigen. Proteste wurden gewaltsam niedergeschlagen. Wahlsieger Gonzalez floh ins Exil nach Spanien. Er teilt das Schicksal von fast acht Millionen Landleuten, die ihrer Heimat in den vergangenen Jahren wegen Unterdrückung und Misswirtschaft den Rücken gekehrt haben.
Nicht so María Corina Machado. "Ich bleibe an der Seite des venezolanischen Volkes", dementierte sie anderslautende Gerüchte. Inzwischen ist sie so etwas wie die trostspendende Mutter der Nation. Aus wechselnden Verstecken meldet sie sich regelmäßig über Social Media zu Wort, um den nahenden Machtwechsel anzukündigen. Ob sie den Friedensnobelpreis am 10. Dezember in Oslo persönlich entgegennehmen kann, ist indes ebenso unklar wie die gesamte Zukunft Venezuelas.