TU-Studie: Weniger und kleinere Autos als Schlüssel zur Verkehrswende - DKA-Projektpartner Marco Gandarillas: Abbau von Lithium und Kupfer Gefahr für Umwelt und indigene Gemeinschaften
Wien, 10.10.2025 (KAP) Die Umstellung auf Elektroautos allein reicht nicht für eine erfolgreiche Mobilitätswende: Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie der Technischen Universität (TU) Wien in Kooperation mit der AG Rohstoffe und der Dreikönigsaktion (DKA) der katholischen Jungschar. Aktuell verursache die Elektromobilität hohe soziale und ökologische Folgekosten für den Globalen Süden und werde vor allem von "wichtigen Ökosystemen Lateinamerikas wie dem Amazonasgebiet und den Feuchtgebieten in den Anden getragen", so der bolivianische Sozialforscher und DKA-Projektpartner Marco Gandarillas. Um den Ressourcenverbrauch zu senken und Mobilität für alle zu gewährleisten, brauche es weniger und kleinere Autos sowie Investitionen in öffentlichen Verkehr, Radwege und Nahversorgung, so der Tenor der Studie.
So verschmutzt etwa der Abbau von Lithium und Kupfer große Gebiete und bedroht den Zugang indigener Gemeinschaften zu Wasser, so der bolivianische Sozialforscher. Regulatorische Rahmen für Lieferketten kritischer Rohstoffe müssen gestärkt und die Zusammenarbeit zwischen den Regionen intensiviert werden, damit wir zu nachhaltigeren und gerechteren Mobilitätsmodellen gelangen können", betonte der Analyst der Organisation Latinoamerica Sustentable bei einer Pressekonferenz am Freitag in Wien.
Herbert Wasserbauer, Referent der Dreikönigsaktion (DKA), unterstrich gegenüber der Nachrichtenagentur Kathpress die Verantwortung Europas bei der sozial-ökologischen Neuausrichtung der Mobilität: "Dass unsere Mobilität klimafreundlicher werden muss, ist offensichtlich. Es ist aber wichtig, dass der Abbau der Rohstoffe für diesen Übergang nicht zu neuer Ausbeutung und unkontrollierter Umweltzerstörung auf anderen Erdteilen führt." Dabei sei vor allem das im Jahr 2024 beschlossene europäische Lieferkettengesetz "ein wichtiger Beitrag zum Schutz von Umwelt und Menschenrechten weltweit". Noch werde aber im EU-Parlament darüber verhandelt, "den Rückwärtsgang einzulegen und die Lieferkettenrichtlinie massiv abzuschwächen und beispielsweise die vorgesehene zivilrechtliche Haftung völlig zu streichen". Viel hänge davon ab, "dass Bevölkerung und Zivilgesellschaft zukunftsgerichtete Maßnahmen für gerechte und ressourcenschonende Mobilität vorschlagen und einfordern".
Mobilitätswende nur mit kleineren Autos
Eine ökologische und sozial gerechte Mobilitätswende könne nur mit neuen Konzepten erreicht werden, erklärte Studienautorin und Verkehrsplanerin Barbara Laa von der TU Wien. Aktuell ist der Verkehr mit rund 29 Prozent der Treibhausgasemissionen Österreichs größte Klimasünder; gleichzeitig verursacht er einen erheblichen Rohstoffverbrauch: Pro Kopf werden hierzulande rund 23 Tonnen Rohstoffe jährlich verbraucht, das ist deutlich mehr als der europäische Durchschnitt von 14 Tonnen. Bis 2050 soll dieser Materialfußabdruck laut der nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie auf sieben Tonnen pro Kopf gesenkt werden.
"Wir können nicht jeden Verbrenner durch einen großen Elektro-SUV ersetzen, denn Lithium, Kobalt und Co. sind essenziell für die Energiewende. Beides geht sich nicht aus", erklärte Anna Leitner, Sprecherin für Ressourcen bei GLOBAL 2000.
Die Studie untersuchte vier Szenarien für die zukünftige Mobilität in Österreich. Im sogenannten "Green-Growth"-Szenario würde der Bedarf an Lithium bis 2050 rund 56.000 Tonnen betragen. Im "Suffizienz"-Szenario, das auf weniger und kleinere Fahrzeuge setzt, wären es mit 24.000 Tonnen fast um die Hälfte weniger.
Ein wichtiger Hebel liege laut der Studie auch in der Kreislaufwirtschaft. Würde Österreich die EU-Batterieverordnung frühzeitig umsetzen, könnten bis 2036 bis zu 95 Prozent der Metalle aus Altbatterien wiedergewonnen werden. Überdies brauche es ein eigenes Kreislaufwirtschaftsgesetz, um "die Verschwendung von Ressourcen zu stoppen" und geopolitische Abhängigkeiten zu verringern.
Die Untersuchung ist Teil des Projekts "Mobilität in der 7-Tonnen-Zukunft" der AG Rohstoffe und unterstützt die Ziele der österreichischen Kreislaufwirtschaftsstrategie. Die AG Rohstoffe ist ein Zusammenschluss von GLOBAL 2000, der Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar, dem Jane Goodall Institute Austria, Südwind, Netzwerk Soziale Verantwortung, Re-Use Austria und Solidar Austria. Gefördert wird das Projekt durch die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit.