Reinhard Bödenauer in "Presse"-Interview: "Davon halte ich nichts, wie das läuft, das ist alles sehr geheimnisvoll" - Administrator Grünwidl wäre für Präsidenten der Katholischen Aktion der Erzdiözese Wien guter neuer Erzbischof - Auch Theologe Zulehner für breiter aufgestelltes Auswahlverfaren für Bischöfe
Wien, 25.07.2025 (KAP) Reinhard Bödenauer, Präsident der Katholischen Aktion der Erzdiözese Wien, hat sich im Interview mit der Tageszeitung "Die Presse" (Freitag; online) kritisch zum Vorgang der Bestellung eines Nachfolgers für Kardinal Christoph Schönborn als Wiener Erzbischof geäußert. Die Kandidatensuche sei ihm zu intransparent. "Davon halte ich nichts, wie das läuft, das ist alles sehr geheimnisvoll", so Bödenauer wörtlich. Er wünsche sich jedenfalls mehr Transparenz im Verfahren und einen breiteren Kreis von Personen, die an der Entscheidungsfindung beteiligt werden. Persönlich sei er von Nuntius Erzbischof Pedro López Quintana nicht befragt worden. Und er bedauere diese Tatsache ausdrücklich, so der KA-Präsident.
Zur Tatsache, dass gut ein halbes Jahr nach dem angenommenen Rücktritt von Kardinal Schönborn immer noch kein neuer Erzbischof ernannt wurde, meinte Bödenauer: "Eine gute Entscheidung ist wichtiger und vorrangiger als eine schnelle Entscheidung." Über den noch von Papst Franziskus ernannten Apostolischen Administrator Josef Grünwidl, der die Erzdiözese Wien bis zur Amtseinführung oder Weihe des neuen Bischofs verwaltet, fand der KA-Präsident nur lobende Worte: "Wir haben einen guten Administrator. Er macht seine Arbeit extrem toll. Er hört sehr gut zu und sieht, wo Dinge ins Lot gebracht werden müssen und was an Veränderungen nottut."
Er hoffe auf eine gute Entscheidung des Vatikans, "wenn es schon so lang dauert". Zur Frage, ob Josef Grünwidl ein guter Nachfolger Kardinal Schönborns wäre, sagte Bödenauer: "Absolut, ja." Er hoffe, dass Josef Grünwidl seine bisherige öffentliche Absage, das Amt des Wiener Erzbischofs zu übernehmen, revidiere, wenn er denn gefragt werde.
Die Herausforderungen an den neuen Erzbischof skizzierte der kA-Präsident so: "Er muss ein Gefühl, eine Sensibilität für die Stadt der Größe Wiens mit viel Migration und auch gleichzeitig für das Land haben, wo viele erleben, dass die Jugend noch immer aus den Gemeinden absiedelt."
Wichtig sei ihm auch, so Bödenauer, "dass die Laien und Ehrenamtlichen Verantwortung bekommen. Wir als Laien stehen bereit, unser Wissen und unsere Zeit in den Dienst der Kirche zu stellen."
Mehr kirchliche Führungskräfte ausbilden
Auch der Pastoraltheologe Prof. Paul Zulehner hat sich dieser Tage in der ORF-Sendung "Religion aktuell" einmal mehr für eine breitere Einbindung des Kirchenvolks in das Auswahlverfahren für Bischöfe ausgesprochen. Im Blick auf das Profil eines künftigen Erzbischofs meinte Zulehner, dieser müsse Visionen haben, zugleich aber auch das seelsorgliche Handwerk verstehen. "Was ich mir unbedingt wünsche: dass er einer ist, der gut zuhören kann, viele Meinungen aus der Bevölkerung einbezieht und eine synodale Amtskultur pflegt." Man könne das Bischofsamt heute nicht mehr klerikal bzw. autoritär ausüben, zeigte sich der Theologe überzeugt.
Zulehner kritisierte, dass es in der Kirche kein vernünftiges Headhunting im Blick auf Bischöfe gebe. Er ortete eine schwache Personaldecke für Führungskräfte, was sich kein profaner Betrieb erlauben würde. Er würde deshalb jeder Diözese raten, eine Handvoll Leute auszubilden, die auch unter schwierigen Bedingungen leiten können.
Der Wiener Diözesansprecher Michael Prüller und der Rektor des Päpstlichen Instituts Santa Maria dell'Anima in Rom, Michael Max, haben zuvor in einer weiteren Ausgabe von "Religion aktuell" gemutmaßt, dass mit einem neuen Wiener Erzbischof wohl nicht vor Herbst bzw. Spätherbst zu rechnen sei. Nachdem bereits im vergangenen Dezember ein Kandidat, der wohl ernsthaft ins Auge gefasst worden war, entweder abgesagt hatte oder im letzten Moment doch noch etwas gegen ihn gesprochen habe, seien die vatikanischen Behörden nun sehr vorsichtig, so Prüller. Deshalb dauere es mit der Kandidatenauswahl wohl auch länger. Ein neuer Dreiervorschlag des Apostolischen Nuntius sollte inzwischen aber bereits nach Rom gelangt sein.
Rektor Max bestätigte im selben ORF-Beitrag: Der Dreiervorschlag werde wohl - so bereits eingelangt - bei einer der Vollversammlungen des Bischofsdikasteriums im Herbst behandelt werden.