Direktor der Caritas Wien, Schwertner: "Hunger ist kein Naturgesetz" - Kritik an Kürzung von Budget für Entwicklungszusammenarbeit - Meteorologin Kromp-Kolb: Klimakrise führt zu Hunger und Konflikte - Caritas und Kirche rufen zu Spenden auf
Wien, 25.07.2025 (KAP) In rund 3.000 katholischen Pfarren Österreichs läuten am Freitag um 15 Uhr für fünf Minuten die Kirchenglocken als hörbares Zeichen gegen den weltweiten Hunger. Die Aktion geht auf einen Beschluss der Bischofskonferenz zurück und wird in Kooperation mit der Caritas durchgeführt. Sie fällt bewusst auf die Sterbestunde Jesu und soll damit auf das Leid von weltweit rund 733 Millionen hungernden Menschen aufmerksam machen. Das Glockengeläut weise "auf dieses himmelschreiende Unrecht des weltweiten Hungers" hin, erklärte Klaus Schwertner, Direktor der Caritas Wien, am Freitag.
"Wenn im Jahr 2025 ein Kind an Hunger stirbt, dann ist das Mord", so Schwertner wörtlich. Besonders akut sei die aktuelle Lage im Südsudan und Gazastreifen. "Wenn man miterlebt, was es bedeutet für Eltern, ihre Kinder in den Händen zu halten und zu wissen, dass sie verhungern werden in den nächsten Wochen und sie relativ wenig bis nichts dazu tun können, dann haben wir hier eine gemeinsame Verantwortung", so der Caritas-Direktor. Die Hilfe dürfe sich daher nicht in Appellen erschöpfen
Besonders drastisch sei aktuell die Lage im Gazastreifen, wo laut Schwertner 2,1 Millionen Menschen akut hungern. "Die Gründe dafür sind vielfältig: kriegerische Konflikte, die Klimakrise. Vieles davon ist menschengemacht, denn Hunger ist kein Naturgesetz", betonte Schwertner bei einem Pressetermin im Vorfeld der Aktion. Das Glockenläuten sei daher auch ein Appell an Gesellschaft und Politik, gegen Hunger aktiv zu werden.
Kritik äußerte der Caritas-Direktor an Kürzungen in der Entwicklungszusammenarbeit. "Die Einsparungen bei USAID könnten bis 2030 zum Hungertod weiterer 14 Millionen Menschen führen", warnte Schwertner. Zwar begrüße die Hilfsorganisation den jüngst im Ministerrat beschlossenen Betrag von 14 Millionen Euro aus dem Auslandskatastrophenfonds für Humanitäre Hilfe in neun Krisengebieten bereitzustellen, insgesamt werde das österreichische EZA-Budget bis 2026 aber um ein Drittel reduziert. Schwertner forderte daher eine Rückkehr zu einem verbindlichen Stufenplan in Richtung des 0,7-Prozent-Ziels des Bruttonationaleinkommens als EZA-Beitrag.
Klimakrise verschärft Hunger
Die Klimakrise spielt laut Schwertner und der Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb eine zentrale Rolle: Sie verschärfe Extremwetterereignisse und beeinträchtige weltweit die landwirtschaftliche Produktion. "In vielen Teilen der Welt fällt etwa der Monsunregen unregelmäßig oder zu stark aus. Das führt zu Hunger", so die österreichische Meteorologin. Die Klimaforscherin sprach von einer "fürchterlichen Spirale", in der sich Hunger, Klimakrise und gewaltsame Konflikte gegenseitig verstärken.
Der Klimawandel sei jedoch kein Schicksal, sondern eine gesamtgesellschaftliche ethische Verantwortung. Gegenüber sogenannten "Klimaleugnern" zeigte sich die Forscherin pragmatisch: "Sie sollen meinetwegen den Klimawandel leugnen, aber sie sollen das Richtige tun und das ist unabhängig vom Klimawandel notwendig." Konkret nannte die Expertin etwa den Umstieg auf erneuerbare Energien.
Caritas-Hungerkampagne
An der Aktion beteiligen sich auch die großen Domkirchen, wie der Wiener Stephansdom. Dompfarrer Toni Faber sprach von einem "deutlich hörbaren Zeichen", Verantwortung für die Welt und die hungernden Menschen zu übernehmen: "Wer dieser hungernden Schwester und diesem hungernden Bruder hilft, hilft Christus und kommt seiner christlichen Berufung nach."
Hunger, mangelnde Ernährungssicherheit und Extremwetter treffen laut Schwertner weltweit vor allem die Ärmsten einer Gesellschaft, sowohl im Globalen Süden als auch in Österreich. "Hier müssen wir etwas tun", so der Caritas-Direktor in Richtung Politik sowie Spenderinnen und Spender. Das Glockenläuten sei ein wesentlicher Höhepunkt der aktuellen Caritas-Hungerkampagne, in deren Rahmen man um Spenden für Projekte im Südsudan oder auch für die Hilfe im Gazastreifen bittet.
(Spenden für die Hungerhilfe: Erste Bank, IBAN: AT23 2011 1000 0123 4560, BIC: GIBAATWWXXX, Kennwort: Hungerhilfe, Online-Spenden: www.caritas.at/hunger)
Bischofskonferenz hat österreichweites Kirchenglockenläuten bei letzter Vollversammlung beschlossen - Mehr als 3.000 Kirchen beteiligen sich - Klimakrise als Hauptursache für zunehmende Hungersnot
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